Eine Geschichte aus Neuseeland
(Ostermontag 2005)
Palmerston North, Aqaba – volles Haus. Stimmengewirr, gestresste Bedienung. Lunch Time.
Leichter Regen und die dazu kommende Waerme erzeugen ein erdrueckendes Klima. Jeder kraeftige, etwas Abkuehlung bringende, Regenguss ist willkommen …mehr oder weniger.
Regen, so allmaelich gewoehne ich mich daran.
War ein schoenes langes Wochenende.
Habe mich am Donnerstag von Grey, der einige Kuechenmoebel nach Wellington zu liefern hatte, bis nach Upper Hut mitnehmen lassen.
War einerseits okay, da ich nicht so frueh aufstehen musste (-der Zug faehrt so gegen sechs-); andererseits begann ich aus diesem Grund meine Wanderung etwas zu spaet.
Nach der Ankunft in Upper Hut, Kaffee trinken bei Peter Anderson, der mich dann unterhalb des Kaitoke Shelters, dem Ausgangspunkt meiner Wanderung, fuhr, war ich meinem Zeitplan schon ein paar Stunden hinterher.
Der Weg, anstrengend; -nicht durch die Steigung, sondern durch die, in der zweiten Haelfte staendig Aufmerksamkeit benoetigenden rutschigen Wurzeln. Nicht zu vergessen die Schlammloecher und die damit verbundenen glatten Steine.
Gleichmaessig, meinen Rhytmus findend, aufwaerts gehend, kamen mir vier Neuseelaender entgegen.
“Someone is flying up the hill,”war der erste bloede Spruch den ich zu hoeren bekam. Anschliessend folgten Fragen meine Ausruestung betreffend…
…naja, der Neuseelaender (-und auch die erfahrene Neuseelaenderin-) wandert in meist blauen, langen Unterhosen, ueber die er dann Shorts zieht, durch die Landschaft. Kniehohe Stutzen sind selbstverstaendlich. Diese in allen Farben erschwinglichen Dinger verhindern das Schlamm und Wasser zu schnell in die Wanderschuhe hineinlaufen und halten ueber dies die (Unter-) Hose im Wadenbereich sauber. Da ich nicht in langen Unterhosen durch die Gegend maschiere, hielt man mich fuer den absoluten Anfaenger. Dazu mein helles Hemd (-auf dem die Schweissraender nicht so auffallen-)… in den Augen dieser Truppe war ich dass absolute Greenhorn. Immerhin hatte ich Stutzen an.
“Hast du wenigstens einen Kompass dabei?”. “Nein,” lautete meine Antwort. “Ich folge der Windrichtung.” Voelliges Unverstaendnis war in ihren Augen zu lesen. Mit arroganter, ueberheblicher Mine zogen sie weiter. “Du hast hoffentlich zwei Liter Wasser dabei, ist Minimum auf dieser Strecke,” sagte der Schlussman auf dem Pfad ueber mir stehend… und schon stuerzte er. Labern und gehen… konnte ihn gerade noch an seinem Rucksack schnappen. Ohne sich zu Bedanken (-war ihm bestimmt peinlich-) folgte er den Anderen, die nichts von seinem “Ausrutscher” mitbekommen hatten.
Weiter Bergauf.
Von einem Waldbrand zurueckgelassene, aus der zurueckkehrenden Vegetation aufragende, graue, manchmal verdrehte, extatisch anmutende Baumskulpturen, riesige Farne, bemooste Baeume.
Nach passieren der Abzweigung zum Block XVI Track war klar, dass ich die Huette nicht vor der Dunkelheit erreichen wuerde.
War ein nettes Nachtlager auf einem weichen Moosbett...
Durch den Cocon vor Feuchtigkeit und laestigen Insekten geschuetzt, einer durch das Mondlicht wunderbar erscheinenden Baumwelt und nur gelegentlich durch den Ruf eines umherspazierenden Vogels geweckt, wachte ich am naechsten Morgen gut gelaunt im Nieselregen auf.
Barfuss auf dem Moos stehend, in die feuchten Klamotten schluepfend, …es war ein guter Morgen.
Etwa eine Stunde spaeter ueberquerte ich Hells Gate. Keine Ahnung, warum dieser Grat als Hoellentor bezeichnet wird.
Wie auch immer, dass naechste Wegstueck war unangenehm steil und ich war froh, dass an manchen Stellen genuegend Wurzel aus der Erde schauten an denen ich mich beim hochklettern festhalten konnte..
Zwei Wanderer kamen mir entgegen, erstaunt jemanden so frueh so weit oben anzutreffen. Neun Stunden rechnen sie fuer den Abstieg.
“Zwanzig Minuten brauchst du noch bis zur Huette.”
“Wie lange habt ihr ueber den Mount Hector gebraucht?”
“Fuenf Stunden, doch du scheinst recht fit zu sein, kannst es in vier Stunden schaffen.”
Als ich die Huette erreiche faengt es an zu regnen; heftig an zu regnen.
Kann in dem winzigen Ofen ein kleines Feuer entfachen.
Das Wetter verschlechtert sich; der Regen pruegelt geradezu auf das Dach und dazu weht ein, von kraeftigen Boen durchzogener Wind.
Erstmal Fruehstuecken.
Der Wind wird staerker, die Sicht durch den Regenschleier und den Nebel immer schlechter.
Ich beschiesse den Tag in der Huette zu verbringen.
Auf der Info-Tafel in der Huette war unter anderem zu lesen:
Track and Route Information
To Kime Hut: 3-4 hours (-die Zeitangaben sind fuer gepaecklose Wanderer bei sehr guten Bedingungen – Schwachsinn)
From Alpha Hut climb onto Mount Alpha and follow the ridge to Ashton and Atkinson. Then drop into a saddle leading to a climb onto Mount Hector (1592m).
Field Peak and the final decent to Kime Hut is soon reached after.
Warning:
This route is exposed and extreme care is required!
There are no route marks to indicate the direction and the entire journey is on the open tops!
Na, dass hoert sich doch gut an.
Als es dunkel wird entdecke ich irgendwo ein paar Kerzenstummel. Das Feuer habe ich inzwischen ausgehen lassen, war zu ekelig draussen und ich hatte einfach keine Lust mehr weiter im Regen nach Feuerholz zu suchen.
Wie gesagt, es wird dunkel und nur die Kerzenreste erleuchten flackernd die Huette. Hab mich in meinen Schlafsack verkrochen, als ploetzlich jemand, voellig durchnaesst in die Huette stolpert.
Triefend nass der Kerl. Eilig schaelt er sich aus seiner Kleidung, schmeisst den Gaskocher an, um schnellst moeglich etwas warmes zu sich zu nehmen. Klimaforscher aus Wellington; kennt die Gegend hier wie seine Westentasche.
Huettengeplauder und viel heisser Tee. “Ich gehe nicht auf den Tracks, such emir meinen Weg durch den Busch. Wenn es dann abwaerts geht und ich manchmal im Wald wegen einer kleinen Klippe nicht mehr weiterkomme, dann springe ich einfach in einen unterhalb stehenden Baum. Macht Spass.”
Auf meiner Karte zeigt er mir, wo er entlang gegangen ist. “Morgen gehts hier runter”, dabei zeigt er auf Hells Gate, “und dann im Fluss weiter, meine Schuhe sind ja sowie so schon nass.”
Frueh am folgenden Tag, dass Wetter hat sich nicht gebessert, bricht er auf. “Will heute Abend in der Cuba Street sein, ist Vollmondtrommeln in…” Er sagt mir noch den Namen der Kneipe, doch den habe ich vergessen.
“Was hast du vor?” ,fragt er mich. “Bleibst du in der Huette, bis sich das Wetter bessert und ein gefahrloser Uebergang moeglich ist?”
“Ich denke schon.”
“Du kannst es in vier Stunden bis zur Kime Hut schaffen, doch bei diesen Wetterbedingungen ist das nicht ungefaehrlich, …kann toedlich enden; …der Wind, ja, du hast den Wind von links, keinen Gegenwind; …also dann, sei vorsichtig wenn du morgen das Crossing machen solltest…”
Und schon ist er weg.
Weiss nicht so richtig wie ich es beschreiben soll, kann nicht erklaeren was in mir vorgegangen ist.
Irgendwie war da ja nichts und niemand, was es notwendig gemacht haette vorsichtig zu sein. Verantwortlich nur mir selbst gegenueber.
Ziemlich entspannt und ohne Hast, habe ich dann angefangen mein Zeug einzupacken. Habe meine immer noch feuchte Kleidung uebergezogen, den Rucksack in den Regenschutz gestuelpt und meinen Hut ueber der Kaputze meiner Billigregenjacke festgezurrt.
Keine zehn Minuten spaeter verliess ich den Schutz der Baeume.
Keine Wegmarkierungen, darauf achtend, dass der Wind von links kommt, ausgewaschene Trittspuren als Bestaetigung des Pfades nutzend erreichte ich den Grat.
Schlechte Sicht, staerker werdender Regen und Wind.
An einigen Stellen fuehrt der Pfad ueber eine breite, leicht geneigte Flaeche, die auf meiner linken Seite, von der der Wind kommt, ziemlich steil abfaellt.
Ziemlich steil, damit meine ich, keine Chance um bei einem Sturz in diese Richtung…
Klar, es gibt auch ein paar angenehmere Wegstuecke, …es gibt jedoch auch einige, verdammt viele, Stellen, an denen ist der Grat gerade mal zwei Fuss breit und es geht auf beiden Seiten fast senkrecht nach unten.
Weiss nicht wie ich es beschreiben koennte; der Wind nahm mehr und mehr zu, zerrte an der Regenhuelle, die sich ploetzlich vom Rucksack schaelte und wie ein Segel wirkte. Naja, an meinem Rucksack durch eine Kordel gesichert, riss mich es mich dann von den Beinen. Keine Ahnung, warum ich einen Slipknoten zur Befestigung verwendet hatte, doch das war mein Glueck. …und jetzt liegt irgendwo in den Tararuas meine Regenhuelle herum.
War ein maechtiger Schreck, doch es kam noch dicker.
Der Wind wurde noch staerker und es fegten Boen ueber den Kamm, die mir die Luft zum athmen nehmen wollten…; …habe so etwas noch nicht erlebt.
Klar, wie zu erwarten setzten die Druecker an den unguenstigsten Stellen ein. Bin dann auf allen Vieren weitergekrochen, stetig (-mal mehr mal weniger-) bergauf.
An einer etwas breiteren Stelle hab ich mich in eine grosse, schlammige Pfuetze werfen muessen und es haete mich trotzdem noch um ein Haar weggepustet.
Kalt, es wurde verdammt kalt.
Irgendwo gab es dann einen Felsen, der mir etwas Schutz vor dem Wind gab. Rucksack absetzen, rauss aus dem nassen Hemd, Pullover anziehen. Meine Haende, nur mit Muehe sind sie faehig den Reissverschluss auf zu ziehen; der Chill-Faktor gab sein Bestes.
Ja,da stand ich, halb nackt, mit vor Anstrengung rotem Oberkoerper auf den Tararuas…
Warum ich nicht zurueck gegangen bin?
Nee, umkehren, aufgeben, nee.
Nichts und niemand hinter mir, nichts aus der Vergangenheit, was ein Umkehren notwendig machen wuerde.
Einen mit Leben erfuellten Schrei ausstossend, mich einfach gut fuehlend, bin ich weiter.
Irgendwann tauchte dann das Memorial Cross vom Mount Hektor im Nebel auf. Hier ist, so hatte ich es mir am Morgen eingepraegt, Vorsicht geboten. …aufpassen, dass ich nicht auf dem falschen Bergruecken weitergehe. Der Wind muss nun von hinten, schraeg links, kommen.
Abwaerts, immer wieder von uberraschend starken Boen aus dem Gleichgewicht geworfen werdend, stand ich dann irgendwann vor der Kime Hut.
Triefend nass rein, …und triefend nass wieder raus.
Die Huette steht oberhalb der Baumgrenze und daher ist kein Feuerholz vorhanden. In weiteren zwei Stunden wuerde ich die Field Hut erreichen und die steht im Wald.
Nass war ich sowieso und am naechsten Tag wieder in die nasskalte Kleidung schluepfen; …dann doch lieber weiter.
Als ich dann voellig aufgeweicht die Field Hut erreichte, nur noch meine Hose anhabend dass Feuer im Ofen grosser werden liess - der Pullover war so nass, dass das Wasser an meinen Armen herunterlief, an meinen Haenden herabtropfte und die anfangs kleinen Flammen loeschte - und ich schliesslich all meine Kleidung zum trocknen in der Huette aufgehangen hatte, da haette ich mit niemandem tauschen wollen. Mit niemandem.
So, jetzt ist es Zeit fuer’s Abendessen.
Toasted Ciabatta:
Slices of ciabatta bread, toasted and served on a bed of rocket, drizzled with sundried tomato pesto and sprinkled with feta cheese.
Leichter Regen und die dazu kommende Waerme erzeugen ein erdrueckendes Klima. Jeder kraeftige, etwas Abkuehlung bringende, Regenguss ist willkommen …mehr oder weniger.
Regen, so allmaelich gewoehne ich mich daran.
War ein schoenes langes Wochenende.
Habe mich am Donnerstag von Grey, der einige Kuechenmoebel nach Wellington zu liefern hatte, bis nach Upper Hut mitnehmen lassen.
War einerseits okay, da ich nicht so frueh aufstehen musste (-der Zug faehrt so gegen sechs-); andererseits begann ich aus diesem Grund meine Wanderung etwas zu spaet.
Nach der Ankunft in Upper Hut, Kaffee trinken bei Peter Anderson, der mich dann unterhalb des Kaitoke Shelters, dem Ausgangspunkt meiner Wanderung, fuhr, war ich meinem Zeitplan schon ein paar Stunden hinterher.
Der Weg, anstrengend; -nicht durch die Steigung, sondern durch die, in der zweiten Haelfte staendig Aufmerksamkeit benoetigenden rutschigen Wurzeln. Nicht zu vergessen die Schlammloecher und die damit verbundenen glatten Steine.
Gleichmaessig, meinen Rhytmus findend, aufwaerts gehend, kamen mir vier Neuseelaender entgegen.
“Someone is flying up the hill,”war der erste bloede Spruch den ich zu hoeren bekam. Anschliessend folgten Fragen meine Ausruestung betreffend…
…naja, der Neuseelaender (-und auch die erfahrene Neuseelaenderin-) wandert in meist blauen, langen Unterhosen, ueber die er dann Shorts zieht, durch die Landschaft. Kniehohe Stutzen sind selbstverstaendlich. Diese in allen Farben erschwinglichen Dinger verhindern das Schlamm und Wasser zu schnell in die Wanderschuhe hineinlaufen und halten ueber dies die (Unter-) Hose im Wadenbereich sauber. Da ich nicht in langen Unterhosen durch die Gegend maschiere, hielt man mich fuer den absoluten Anfaenger. Dazu mein helles Hemd (-auf dem die Schweissraender nicht so auffallen-)… in den Augen dieser Truppe war ich dass absolute Greenhorn. Immerhin hatte ich Stutzen an.
“Hast du wenigstens einen Kompass dabei?”. “Nein,” lautete meine Antwort. “Ich folge der Windrichtung.” Voelliges Unverstaendnis war in ihren Augen zu lesen. Mit arroganter, ueberheblicher Mine zogen sie weiter. “Du hast hoffentlich zwei Liter Wasser dabei, ist Minimum auf dieser Strecke,” sagte der Schlussman auf dem Pfad ueber mir stehend… und schon stuerzte er. Labern und gehen… konnte ihn gerade noch an seinem Rucksack schnappen. Ohne sich zu Bedanken (-war ihm bestimmt peinlich-) folgte er den Anderen, die nichts von seinem “Ausrutscher” mitbekommen hatten.
Weiter Bergauf.
Von einem Waldbrand zurueckgelassene, aus der zurueckkehrenden Vegetation aufragende, graue, manchmal verdrehte, extatisch anmutende Baumskulpturen, riesige Farne, bemooste Baeume.
Nach passieren der Abzweigung zum Block XVI Track war klar, dass ich die Huette nicht vor der Dunkelheit erreichen wuerde.
War ein nettes Nachtlager auf einem weichen Moosbett...
Durch den Cocon vor Feuchtigkeit und laestigen Insekten geschuetzt, einer durch das Mondlicht wunderbar erscheinenden Baumwelt und nur gelegentlich durch den Ruf eines umherspazierenden Vogels geweckt, wachte ich am naechsten Morgen gut gelaunt im Nieselregen auf.
Barfuss auf dem Moos stehend, in die feuchten Klamotten schluepfend, …es war ein guter Morgen.
Etwa eine Stunde spaeter ueberquerte ich Hells Gate. Keine Ahnung, warum dieser Grat als Hoellentor bezeichnet wird.
Wie auch immer, dass naechste Wegstueck war unangenehm steil und ich war froh, dass an manchen Stellen genuegend Wurzel aus der Erde schauten an denen ich mich beim hochklettern festhalten konnte..
Zwei Wanderer kamen mir entgegen, erstaunt jemanden so frueh so weit oben anzutreffen. Neun Stunden rechnen sie fuer den Abstieg.
“Zwanzig Minuten brauchst du noch bis zur Huette.”
“Wie lange habt ihr ueber den Mount Hector gebraucht?”
“Fuenf Stunden, doch du scheinst recht fit zu sein, kannst es in vier Stunden schaffen.”
Als ich die Huette erreiche faengt es an zu regnen; heftig an zu regnen.
Kann in dem winzigen Ofen ein kleines Feuer entfachen.
Erstmal Fruehstuecken.
Der Wind wird staerker, die Sicht durch den Regenschleier und den Nebel immer schlechter.
Ich beschiesse den Tag in der Huette zu verbringen.
Auf der Info-Tafel in der Huette war unter anderem zu lesen:
Track and Route Information
To Kime Hut: 3-4 hours (-die Zeitangaben sind fuer gepaecklose Wanderer bei sehr guten Bedingungen – Schwachsinn)
From Alpha Hut climb onto Mount Alpha and follow the ridge to Ashton and Atkinson. Then drop into a saddle leading to a climb onto Mount Hector (1592m).
Field Peak and the final decent to Kime Hut is soon reached after.
Warning:
This route is exposed and extreme care is required!
There are no route marks to indicate the direction and the entire journey is on the open tops!
Na, dass hoert sich doch gut an.
Als es dunkel wird entdecke ich irgendwo ein paar Kerzenstummel. Das Feuer habe ich inzwischen ausgehen lassen, war zu ekelig draussen und ich hatte einfach keine Lust mehr weiter im Regen nach Feuerholz zu suchen.
Wie gesagt, es wird dunkel und nur die Kerzenreste erleuchten flackernd die Huette. Hab mich in meinen Schlafsack verkrochen, als ploetzlich jemand, voellig durchnaesst in die Huette stolpert.
Triefend nass der Kerl. Eilig schaelt er sich aus seiner Kleidung, schmeisst den Gaskocher an, um schnellst moeglich etwas warmes zu sich zu nehmen. Klimaforscher aus Wellington; kennt die Gegend hier wie seine Westentasche.
Huettengeplauder und viel heisser Tee. “Ich gehe nicht auf den Tracks, such emir meinen Weg durch den Busch. Wenn es dann abwaerts geht und ich manchmal im Wald wegen einer kleinen Klippe nicht mehr weiterkomme, dann springe ich einfach in einen unterhalb stehenden Baum. Macht Spass.”
Auf meiner Karte zeigt er mir, wo er entlang gegangen ist. “Morgen gehts hier runter”, dabei zeigt er auf Hells Gate, “und dann im Fluss weiter, meine Schuhe sind ja sowie so schon nass.”
Frueh am folgenden Tag, dass Wetter hat sich nicht gebessert, bricht er auf. “Will heute Abend in der Cuba Street sein, ist Vollmondtrommeln in…” Er sagt mir noch den Namen der Kneipe, doch den habe ich vergessen.
“Was hast du vor?” ,fragt er mich. “Bleibst du in der Huette, bis sich das Wetter bessert und ein gefahrloser Uebergang moeglich ist?”
“Ich denke schon.”
“Du kannst es in vier Stunden bis zur Kime Hut schaffen, doch bei diesen Wetterbedingungen ist das nicht ungefaehrlich, …kann toedlich enden; …der Wind, ja, du hast den Wind von links, keinen Gegenwind; …also dann, sei vorsichtig wenn du morgen das Crossing machen solltest…”
Und schon ist er weg.
Weiss nicht so richtig wie ich es beschreiben soll, kann nicht erklaeren was in mir vorgegangen ist.
Irgendwie war da ja nichts und niemand, was es notwendig gemacht haette vorsichtig zu sein. Verantwortlich nur mir selbst gegenueber.
Ziemlich entspannt und ohne Hast, habe ich dann angefangen mein Zeug einzupacken. Habe meine immer noch feuchte Kleidung uebergezogen, den Rucksack in den Regenschutz gestuelpt und meinen Hut ueber der Kaputze meiner Billigregenjacke festgezurrt.
Keine zehn Minuten spaeter verliess ich den Schutz der Baeume.
Keine Wegmarkierungen, darauf achtend, dass der Wind von links kommt, ausgewaschene Trittspuren als Bestaetigung des Pfades nutzend erreichte ich den Grat.
Schlechte Sicht, staerker werdender Regen und Wind.
An einigen Stellen fuehrt der Pfad ueber eine breite, leicht geneigte Flaeche, die auf meiner linken Seite, von der der Wind kommt, ziemlich steil abfaellt.
Ziemlich steil, damit meine ich, keine Chance um bei einem Sturz in diese Richtung…
Klar, es gibt auch ein paar angenehmere Wegstuecke, …es gibt jedoch auch einige, verdammt viele, Stellen, an denen ist der Grat gerade mal zwei Fuss breit und es geht auf beiden Seiten fast senkrecht nach unten.
Weiss nicht wie ich es beschreiben koennte; der Wind nahm mehr und mehr zu, zerrte an der Regenhuelle, die sich ploetzlich vom Rucksack schaelte und wie ein Segel wirkte. Naja, an meinem Rucksack durch eine Kordel gesichert, riss mich es mich dann von den Beinen. Keine Ahnung, warum ich einen Slipknoten zur Befestigung verwendet hatte, doch das war mein Glueck. …und jetzt liegt irgendwo in den Tararuas meine Regenhuelle herum.
War ein maechtiger Schreck, doch es kam noch dicker.
Der Wind wurde noch staerker und es fegten Boen ueber den Kamm, die mir die Luft zum athmen nehmen wollten…; …habe so etwas noch nicht erlebt.
Klar, wie zu erwarten setzten die Druecker an den unguenstigsten Stellen ein. Bin dann auf allen Vieren weitergekrochen, stetig (-mal mehr mal weniger-) bergauf.
An einer etwas breiteren Stelle hab ich mich in eine grosse, schlammige Pfuetze werfen muessen und es haete mich trotzdem noch um ein Haar weggepustet.
Kalt, es wurde verdammt kalt.
Irgendwo gab es dann einen Felsen, der mir etwas Schutz vor dem Wind gab. Rucksack absetzen, rauss aus dem nassen Hemd, Pullover anziehen. Meine Haende, nur mit Muehe sind sie faehig den Reissverschluss auf zu ziehen; der Chill-Faktor gab sein Bestes.
Ja,da stand ich, halb nackt, mit vor Anstrengung rotem Oberkoerper auf den Tararuas…
Warum ich nicht zurueck gegangen bin?
Nee, umkehren, aufgeben, nee.
Nichts und niemand hinter mir, nichts aus der Vergangenheit, was ein Umkehren notwendig machen wuerde.
Einen mit Leben erfuellten Schrei ausstossend, mich einfach gut fuehlend, bin ich weiter.
Irgendwann tauchte dann das Memorial Cross vom Mount Hektor im Nebel auf. Hier ist, so hatte ich es mir am Morgen eingepraegt, Vorsicht geboten. …aufpassen, dass ich nicht auf dem falschen Bergruecken weitergehe. Der Wind muss nun von hinten, schraeg links, kommen.
Abwaerts, immer wieder von uberraschend starken Boen aus dem Gleichgewicht geworfen werdend, stand ich dann irgendwann vor der Kime Hut.
Triefend nass rein, …und triefend nass wieder raus.
Die Huette steht oberhalb der Baumgrenze und daher ist kein Feuerholz vorhanden. In weiteren zwei Stunden wuerde ich die Field Hut erreichen und die steht im Wald.
Nass war ich sowieso und am naechsten Tag wieder in die nasskalte Kleidung schluepfen; …dann doch lieber weiter.
Als ich dann voellig aufgeweicht die Field Hut erreichte, nur noch meine Hose anhabend dass Feuer im Ofen grosser werden liess - der Pullover war so nass, dass das Wasser an meinen Armen herunterlief, an meinen Haenden herabtropfte und die anfangs kleinen Flammen loeschte - und ich schliesslich all meine Kleidung zum trocknen in der Huette aufgehangen hatte, da haette ich mit niemandem tauschen wollen. Mit niemandem.
So, jetzt ist es Zeit fuer’s Abendessen.
Toasted Ciabatta:
Slices of ciabatta bread, toasted and served on a bed of rocket, drizzled with sundried tomato pesto and sprinkled with feta cheese.